Bobby-Finale 2013

Zwei Sieger - jeweils mit einem Goldenen Bobby am Bande um den Hals gehängt: Hakan Tanriverdi (links) hat am Dienstag, den 25. Februar 2014 den Hörfunk-Preis in der Kategorie "Journalismus" bekommen. Viktor Veress (rechts) ist der Sieger in der Kategorie "Produktion".

Hakan Tanriverdi und Viktor Veress

Als Sieger in den Vorrunden des Goldenen Bobbys im vergangenen Jahr waren vergleichsweise viele Beiträge der jungen Welle Puls vertreten.

Doch zumindest in der Kategorie „journalistische Leistung“ gewinnt am Ende Bayern 2 mit einem Stück aus dem Sommer-Notizbuch – und das mit einem Thema, das in den Redaktionen jedes Jahr für Stöhnen sorgt: Es ist wieder Ramadan. Was machen wir daraus? Doch dann entsteht „ein Stück, bei dem ich mehr gelernt habe als in den Tausend Ramadan-Beiträgen vorher“, wie Laudator Johannes Marchl von der Ausbildungsredaktion lobt. Denn Hakan Tanriverdi kombiniert die Informationen zu Ramadan mit einem inneren Monolog aus seiner Sicht als Muslim. „Ich werde immer die gleichen Sachen gefragt, da dachte ich: Beantworte ich sie mal!“, sagt Hakan Tanriverdi über die Motivation zu seinem Stück. Dem Publikum gefällt die witzige, ganz eigene Note des Beitrags, und es kürt ihn zum Sieger.

Cool sein, Nazi-Propaganda und Supersocke
Auch die Konkurrenz glänzt durch jeweils ganz eigene Herangehensweisen an Themen. Michaela Bold ging für radioMikro (Bayern 2) der Frage nach, wie man cool sein lernt – und weil sie selbst auf Hochzeitsreise weilt, schickt sie ihren jungen Protagonisten Luis zum Finale. Der findet den Beitrag ebenso „cool“ wie Kinderfunk-Redakteurin Elisabeth Hirsch, und auch das Bobby-Publikum lacht viel.

Weniger lustig ist der Puls-Beitrag von Florian Meyer-Hawranek, denn er geht Nazi-Propaganda auf Geldscheinen nach. Laudatorin Constanze Alvarez vom Interkulturellen Ressort gefällt der „persönliche Zugang zu einem schwierigen Thema“, denn der Beitrag ist als Spurensuche gestaltet.

Ungewöhnlich ist nicht zuletzt auch die Idee von Michael Bartlewski, eine Sockenpuppe zum Protagonisten eines Beitrags zu machen. Die „Supersocke“ hat ein eigenes Twitteraccount, eine Facebook-Seite und einen Youtube-Kanal – es geht nämlich darum, wie Puls-Redakteur Till Ottlitz erklärt, „zu beweisen, wie leicht Likes und Follower im Netz zu faken sind“. Für den Text des Songs, den die Supersocke aufnimmt, wird sich Michael Bartlewski bis ans Ende seiner Tage schämen, wie er erzählt. Doch dem Bobby-Publikum gefällt’s, es lernt – und lacht – viel.

Sound-Künstler als Toilettendamen
Wie aus einem Wortspiel ein akustisches Feuerwerk wird, zeigt der Sieger in der Kategorie
"Produktion". „Wiener the World“ oder „Under Pressack“ sind keine Hits der 80er, sondern „Hits aus Wurst“ – und Produzent Viktor Veress lässt das dann exakt so klingen wie die Jingles im Formatradio. So geht das Wortspiel dann auch akustisch auf – die begeisterte Reaktion des Bobby-Publikums zeigt, dass die Idee funktioniert. Laudator Michi Köppel verneigt sich vor den Producern, er vergleicht ihre Situation mit der einer Toilettendame: „Es kommen ständig Leute rein, extrem unter Druck, lassen ihren Dreck da und Leute wie Viktor kehren das dann zusammen und machen Gold daraus.“ Das will Viktor Veress so nicht stehen lassen, bescheiden bedankt er sich für das Vertrauen der Autoren und sagt, die Produktion habe ihn nicht mehr gekostet als „zwei Effekte und einen Limiter“.

Politiker-Reden als Remix, Supersocke reloaded und eine Schrei-Fuge

Es sind genau diese Fähigkeiten, die Puls-Chef Thomas Müller in seiner Laudatio für Christoph Brandner hervorhebt: „Die Mediengestalter schaffen es, mit den Mitteln der Produktion neue Ebenen in Beiträgen aufzumachen.“ Das gilt für alle nominierten Stücke in dieser Kategorie, aber besonders eben für den Dubstep-Remix, in den Christoph Brandner für Puls Zitate aus Politiker-Reden am Aschermittwoch verwandelt – bzw. „politische und musikalische Beliebigkeit aufs Scheußlichste verknüpft“, wie er selbst es nennt.

Die Konkurrenz aus dem eigenen Stall: Die Supersocke ist auch für die gute Produktion nominiert, weil Produzentin Alexandra Brand es schafft, „Millionen Sound-Schnipsel und selbst ausgewählte Musik“ (Till Ottlitz) gut klingen zu lassen. Und was wäre Supersocke ohne den viralen Super-Hit?

Einziger Nicht-Puls-Beitrag in dieser Kategorie ist eine Black-Sabbath-Musikkritik, die Markus Köbnik für den Zündfunk (Bayern 2) produziert hat und welcher Jan Heiermann in seinem elaborierten Kurzvortrag „die kompositorische Struktur einer Schrei-Fuge“ bescheinigt. Viel Gelächter beim Bobby-Publikum und am Ende eine einfache, aber oft vernachlässigte Erkenntnis: gutes Radio klingt auch gut.


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